Regelfest

Eine clevere Grenzüberschreitung


18. September 2023 , Daniel Dillenburg


Sprang über den Zaun und entging so einem Strafschlag: Sahith Theegala.
Sprang über den Zaun und entging so einem Strafschlag: Sahith Theegala. | © Getty Images / Instagram

Sahith Theegala lässt seiner Kreativität freien Lauf und entscheidet sich in einer misslichen Lage für den Sprung über den Zaun. So entgeht er einer Strafe und kommt glimpflich davon.

Ob es sich lohnt, die Grenze zu überschreiten, siehst du erst hinter dem Zaun. So tiefsinnig dieser Spruch klingen mag, so akkurat trifft er auf die Situation rund um den PGA-Tour-Profi Sahith Theegala bei der Fortinet Championship zu. Der US-Amerikaner slicte seinen Abschlag auf Loch acht des North Course im Silverado Resort in Napa, Kalifornien, in Richtung Aus auf der rechten Seite. Der Ball kam unter einem grünen Maschendrahtzaun zur Ruhe.

War der Ball nun Aus oder noch im Spiel? Ein Regelbeauftragter wurde gerufen. Nach einem kurzen Blick darauf, wo sich der Ball im Verhältnis zu den Zaunpfosten befand, die die Begrenzung bestimmten, wurde er als noch im Spiel befindlich eingestuft. Glück gehabt.

Siehe hierzu Regel 18.2(2), in der es heißt: „Ein Ball in Ruhe ist nur im Aus, wenn er vollständig außerhalb der Ausgrenze des Platzes liegt. Ein Ball liegt auf dem Platz, wenn irgendein Teil des Balls:

• innerhalb der Ausgrenzen auf dem Boden liegt oder den Boden oder irgendetwas anderes (zum Beispiel einen natürlichen oder künstlichen Gegenstand) berührt, oder

• sich oberhalb der Ausgrenze oder eines anderen Teils des Platzes befindet.“


Doch damit war die Situation noch nicht geklärt. Wie würde Theegala seinen Ball spielen können, ohne dabei Strafschläge zu kassieren? Ein straffreier Drop war nicht möglich. Theegala und sein Caddie Carl Smith berieten sich, ob er seinen Ball irgendwie nach vorne schubsen kann. Kreativität war gefragt. Eine Option war es, die rechte Hand über den Zaun zu strecken und den Ball so zurück ins Spiel zu bringen. Doch dann die zündende Idee: „Über den Zaun springen?“

Nach Regel 18.2(2) darf ein Spieler im Aus stehen, um einen Ball auf dem Platz zu spielen. Diese Regel nutzte Theegala für seine Zwecke. Er ging etwa 20 Meter nach hinten, stieg über den Zaun und kehrte zu seinem Ball zurück. Der Kommentator von PGA Tour Live war begeistert: „Das ist unglaublich. Das ist das beste Spiel. Er redet davon, dass er versucht, ihn mit einer Hand zu schlagen oder auf der anderen Seite des Zauns zu stehen. Ich weiß nicht, was wir da gemacht haben.“ Wir hätten den Ball vermutlich für unspielbar erklärt und einen Strafschlag in Kauf genommen.

Theegala aber gelang es so seinen Ball zurück aufs Fairway zu spielen, den dritten Schlag auf dem Grün landen zu lassen und nach einem Zwei-Putt mit einem Bogey davonzukommen. In diesem Fall lohnte es sich also, die Grenze zu überschreiten.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

„Wie gut, dass der Ball nicht über die Grenze gegangen war, sonst hätte sich die ganze Aktion nicht gelohnt. Aber die Ausgrenze gilt tatsächlich nur für den Ball, aber nicht für den Spieler. Auch ohne große Sucharbeit und Aufwand an Kombinationsgabe steht am Ende der Regel 18.2a „Ein Spieler darf im Aus stehen, um einen Ball auf dem Platz zu spielen.“

Ja, manchmal verbieten die Regeln bestimmte Handlungen, aber in einer großen Anzahl von Fällen erlauben sie auch etwas. Es ist keine „Trickserei“ oder unredlich, die Rechte zu nutzen, die die Regeln einem einräumen.

Wenn ich eine Stelle sehe, an der mit dem Auto parken darf, lasse ich das ja auch nicht bleiben, weil jemand anderes denken könnte, dort wäre Halteverbot.“

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