Interview
„Könnte bald wie in der Bundesliga laufen…“
3. September 2023 , Redaktion Golf.de
Martin Kaymer freut sich bei seinem Charity-Event über eine Rekordsumme und spricht mit Golf.de über seine aktuelle Verfassung, die Planungen für die nächste Saison und einen anstehenden Umzug.
Für Martin Kaymer waren die Tage Ende August schon lange als Highlight im Turnierkalender markiert. Gemeinsam mit Familie, Freunden, Partnern und Bekannten ein paar Tage im schönen Öschberghof in Donaueschingen verbringen, nebenbei mit Günter Kessler am Spiel feilen und allen voran Geld für einen guten Zweck sammeln. Letzteres gelang beim Martin Kaymer Charity Invitational 2023 eindrucksvoll: Exakt 128.293 Euro kamen zusammen – ein neuer Rekord.
In diesem Jahr gehen die Erlöse an die internationale Kinderhilfsorganisation „Right to Play“, die Spiel & Sport gezielt einsetzt, um benachteiligten Mädchen und Jungen in vielen Ländern lebenswichtiges Wissen und lebenswichtige Fähigkeiten zu vermitteln, sowie an die Initiative „NestWerk“, die Jugendarbeit in Hamburg unterstützt.
„Erfüllt uns mit Stolz...“
„Es war eine herausragende Veranstaltung und unser Dank gilt dem Öschberghof sowie allen Partnern unserer Stiftung, des Events und allen Teilnehmern”, freute sich Philip Kaymer, Leitung der Stiftung seines Bruders. „Auch im dritten Jahr einen solchen Betrag zu erreichen und das Spendenziel nochmals auf ein neues Rekordergebnis zu steigern, erfüllt uns mit Stolz.“
Unter anderem Sportgrößen wie Claudio Pizarro, Martin Schmitt, Uli Stein, Pascal Hens, Jörg Roßkopf sowie Moderatoren-Legende Jörg Wontorra und DJ Bobo führten die 23 Mannschaften beim eher auf Spaß ausgerichteten „5er-Scramble“ an. Oliver Sequenz und Reinhold Beckmann führten durch den kurzweiligen Abend der Siegerehrung.
Golf.de hat sich mit dem deutschen Major-Sieger zum Interview verabredet.
Hallo Herr Kaymer, wie viel Freude haben Ihnen die Tage am Öschberghof bereitet und wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?
„Ich bin glücklich und dankbar für zwei fantastische Tage mit einem neuen Spendenrekord. Es ist ein besonderes Gefühl, in so kurzer Zeit so viel Gutes tun und das Leben vieler Kinder positiv beeinflussen zu können. Ich bin froh über die Kooperation mit Öschberghof.“
Ihr Schwungtrainer Günter Kessler ist auch unter den Gästen. Nutzen Sie die Tage hier auch, um an ihrem Spiel zu arbeiten?
Absolut, wir haben am Tag vor dem Event jeweils eine Stunde auf der Driving Range trainiert und dazwischen 18 Löcher gespielt. Es macht mir immer wieder Spaß, mit Günter zu arbeiten. Von außen sieht es wahrscheinlich langweilig aus. Ohne Trackman, sehr technisch, eher alte Schule, aber das Training tut mir sehr gut.
Die Ergebnisse waren zuletzt enttäuschend. Wie fühlt sich das Spiel und Ihr im vergangenen Herbst operiertes Handgelenk aktuell an?
Die Hand ist in Ordnung, ich kann jeden Tag trainieren, allerdings noch nicht in dem Umfang, wie ich das vorher machen konnte und teilweise mit Schmerzmitteln. Ich bin überrascht, was sich alles verändert hat und wie lange es dauert, bis ich die Automatismen wieder einstellen. Ich habe lange meinen Griff gesucht, vieles fühlt sich anders an. Manchmal merke ich, wie der Schwung im letzten Moment auseinanderfliegt, weil man unterbewusst den Schmerz vermeiden möchte und dann ein Reflex eintritt. Daraus entstehen oft bittere Fehlschläge und noch zu viele Katastrophenlöcher.
Die Suche nach dem Griff
Wie viel Frust kam zwischenzeitlich auf?
Es ist schon manchmal frustrierend und überraschend. Es gab Abende, da saß ich auf der Couch mit einem Golfschläger in der Hand und habe nach dem Griff gesucht. Dann bin ich wieder auf die Range gefahren, um etwas auszuprobieren. Es war und ist ein langer Prozess, wieder zur Top-Form zu finden.
Ist die Leidenschaft für Golf genauso groß wie früher?
Ja, absolut, und das ist das Schöne daran. Ich bin mir sicher, dass ich wieder zu meiner Top-Form finde. Ich bin fit, beweglich und schwinge den Schläger so schnell wie noch nie. Ich brauche nur dieses intensive Training, damit ich weiß, dass ich mehr gemacht habe als die Konkurrenz. Das war jetzt nach und auch die Jahre vor der Operation nicht in der Form möglich. Ab Dezember kann ich die Hand wieder zu 100 Prozent belasten, dann gebe ich Gas.
Geht es im Winter wieder in die USA?
Nein, ich habe dort keinen Wohnsitz mehr. Ich bin jetzt Mitglied in Valderrama und will mit meiner Familie nach Sotogrande ziehen. Dort sind die Bedingungen für meinen Sohn und meine Frau optimal und ich kann auf meinem absoluten Traumplatz trainieren und spielen.
Bald ein Transfermarkt wie in der Bundesliga
Wie geht es nächstes Jahr in der LIV Golf League weiter? Wird ihr Team bestehen bleiben?
Es ist vieles noch unklar, was die Aufstellung der Teams betrifft. Nach der Saison wird es ein großes Meeting geben, da werden wir mehr erfahren. Auch, inwieweit ich als Kapitän involviert bin. Aber es könnte bald wie in der Bundesliga laufen. Mit Aspekten wie Scouting und einem Transfermarkt. Ich freue mich sehr darauf, im kommenden Jahr mein Team aufzustellen und auch auf den anderen Touren zu schauen, wer Lust hat und in Frage kommt.
Wie geht es mit den Cleeks und ihren aktuellen Team-Kameraden weiter?
Ob Graeme McDowell, Richard Bland oder Bernd Wiesberger weiterhin dabei sind, steht noch nicht fest. Das hängt auch von deren Abschneiden in der Jahreswertung ab. Es könnte sein, dass drei neue Spieler hinzukommen. Mit dem Team-Namen bin ich nicht so glücklich. Cleeks hat ja nicht wirklich eine Aussage. Vielleicht ändert sich aber der Name noch.
Wie beurteilen Sie Ihre Zeit bisher in der LIV Golf League?
Sehr positiv! Es herrscht eine auf natürliche Art und Weise tolle Atmosphäre. Turniere wie das in Adelaide waren wirklich spektakulär. Ich merke auch, dass auch Spieler, die noch nicht dabei sind, Interesse zeigen. Ich werde fast jede Woche angerufen, ob noch Plätze in den Teams frei sind. Es gab ja auch Gespräche darüber, ein Turnier in Deutschland auszurichten. Mal sehen, was daraus wird. Das einzige Problem ist, dass aktuell noch das Geld die Hauptmotivation ist. Aber ich hoffe, dass sich das bald ändert und wir Punkte für die Weltrangliste erhalten.
Sehen Sie durch den Merger der PGA Tour mit dem saudischen PIF eine Gefahr für die Zukunft von LIV Golf?
Das war wirklich eine Überraschung. Ich glaube, das wussten wirklich nur sehr wenige. Wie gesagt: Noch ist vieles unklar. Wer ist überhaupt der Chef? Yasir Al-Rumayyan oder Jay Monahan? Dass LIV verschwindet, macht für mich keinen Sinn. Nachdem die PIF-Verantwortlichen das so hoch gezogen haben.
Vielen Dank für das Gespräch!