Samstag bei der Open: Bis jetzt war alles nur Vorspiel


22. Juli 2023 ,


It‘s buzzing at the Open: Volle Hütte am Turniersamstag im Royal Liverpool Golf Club.
It‘s buzzing at the Open: Volle Hütte am Turniersamstag im Royal Liverpool Golf Club. | © Richard Heathcote (R&A) via Getty Images

Sportreporter Michael Born ist bei der Open vor Ort und berichtet von seinen Eindrücken aus dem Royal Liverpool Golf Club. Am Samstag erlebt er, wie voll, laut und unstet es an einem Major-Wochenende zugehen kann; auch beim ältesten Golfturnier der Welt.

In Ruhe auf der 17 putten? Kann man bei der Open in Hoylake am Wochenende vergessen. It´s weekend at the Open – und das Gefühl, dass die ersten beiden Tage im Royal Liverpool Golf Club nur zum Aufwärmen waren, bestätigt sich schnell. „It‘s buzzing“, wie die Briten sagen, es brummt. Überall. Kann Hurly Long bei seinem Open-Debüt bestätigen. Da will man sich einfach nur auf seinen Putt oder Abschlag konzentrieren – schwierig bei Applaus, Gemurmel, Schreien, Zwischenrufen links und rechts: „Da sind einige Löcher dabei, wie die 14, das Grün der 17, der Abschlag der 15, grenzwertig. Aber irgendwie auch cool.“ Der Putt ging daneben, aber insgesamt ist die Runde mit 71 Schlägen bei Bedingungen, die besser waren als zuvor erwartet, ok. „Eine Par-Runde bei der Open ist nie schlecht“, fasst Long seinen Tag zusammen. Recht hat er, vor allem wenn bei den vergangenen Turnieren wenig bis sehr wenig zusammengegangen ist. Gesamtergebnis +2 für das Turnier, einen Schlag besser als Marcel Siem, der nach seiner 74 mit sieben Bogeys kommentarlos abdampfte. Manchmal ja auch besser.

Die Enttäuschung ist verständlich, denn das Wetter an der Küste war mal wieder unberechenbar; den Schirm mussten die 80000 Fans auf der Anlage (260000 Zuschauer insgesamt bedeuten einen neuen Rekord bei Austragung der Open in England) an diesem Samstag kaum zücken im Gegensatz zur Horror-Vorhersage der meisten Wetterfrösche. Dementsprechend knackten einige Pros den Platz, von wegen Monster an der 17 und so. Rahms 63 (-8) bedeutet Rundenrekord in Hoylake bei einer Open, Alex Fitzpatrick 65 (-6), Viktor Hovland 66 (-5), Cameron Young 66 (-5)... Heute ging was.


Unter die Massen mischte sich auch der deutsche Tiger. Nach dem verpassten Cut war die Laune im Kreis schon wieder besser, Familie Christensen hatte schon wieder Bock auf Golf.

Die spannende Frage war natürlich: Sind die Open schon durch, alles schon entschieden? Nach zwei Fabelrunden hatte der US-Amerikaner Brian Harman den Rekord von Tiger Woods und Rory Mcllroy mit 132 Schlägen nach zwei Runden in Hoylake eingestellt. Unter anderen fünf Schläge Vorsprung vor Lokalmatador Tommy Fleetwood aus Southport, alles easy?! Es sind die Open. Und erst Halbzeit.

Trotzdem zieht Harman ganz schön durch, beeindruckt wieder durch sein kurzes Spiel und behält die Nerven. Zwei Bogeys auf den ersten vier Bahnen – wackelt der Mann? Nö, am Ende wird’s eine souveräne 69, Gesamtergebnis -12. Sieben Schläge Vorsprung auf Cameron Young und sechs auf John Rahm sind schon ein Brett. Aber einen Sieg bei der Open muss man erstmal nach Hause spielen.

Die Massen auf den Tribünen haben eine erstaunliche Kondition. In der vorletzten Gruppe des Tages sind Publikumsliebling Min Woo Lee (wo immer er auftaucht: „Wuuuuu“) und der Österreicher Sepp Straka schon in der Dämmerung unterwegs. Wenigstens kein Regen mehr. Straka hat am Freitag ein Sensationsfinish hingelegt mit 6 Birdies auf den letzten 7 Bahnen, nahezu unbehelligt. Kein einziger österreichischer Journalist vor Ort, Kostendruck überall. „Letztes Jahr waren ‘ne Menge Leute hier, als ich 145. geworden bin…“ Heute läuft es am Ende nicht so rund. Die Putts an der 16 und der 17 jeweils Zentimeter zu kurz. Nochmal Ballwechsel vor dem Abschlag an der 18. Aberglaube? „Nö, war ein kleiner Kratzer drin vom Wedgeschlag vorher.“ Der Ball bringt jedenfalls kein Glück. Wie so oft an diesem Tag den Abschlag ins Rough verzogen, am Ende zum Abschluss ein Bogey. Das Endergebnis trotzdem prima, -1 für die Runde, gesamt -5.

Ehefrau Paige und die Eltern sind wenigstens als Support dabei und freuen sich erstmal über den geteilten vierten Platz nach drei Runden. Der Sieg bei den John Deere Classic hat Selbstvertrauen gebracht: „Ich habe morgen eine Chance“ – und wenn „the Ox“ nochmal so aufdreht wie Freitag auf den zweiten Neun… Dann ist wirklich alles möglich.

 

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