Mental

Mit sechs Richtigen ins Turnier


22. Mai 2023 , Felix Grewe


Profis wie Robert MacIntyre bereiten sich schon lange vor dem ersten Abschlag auf eine Runde vor.
Profis wie Robert MacIntyre bereiten sich schon lange vor dem ersten Abschlag auf eine Runde vor. | © Warren Little/Getty Images

Wer an der Vorbereitung scheitert, bereitet sich auf das Scheitern vor – das gilt auch für Amateure. Sechs Impulse für einen professionellen Start in einen Wettkampf.

1) Prüfen Sie Ihre Ausrüstung

Ihre Vorbereitung auf einen Wettkampf sollte spätestens mit dem Check Ihres Equipments beginnen – und zwar nicht erst eine halbe Stunde vor Ihrer Tee-Time. Im besten Fall kennen Sie den Kurs (siehe nächster Punkt...) und wissen deshalb, welche Schläger Sie möglicherweise zuhause lassen können. Mit leichtem Gepäck reist es sich bekanntlich leichter. Klar ist: Wer nie mit dem Eisen 2 abschlägt, wird es im Turnier erstrecht nicht tun. Aber natürlich geht’s nicht nur um die passenden Driver, Hölzer und Eisen an Bord – sondern um alles, was Sie auf der Runde benötigen könnte. Rechnen Sie mit der Unberechenbarkeit des Lebens. Je besser ausgestattet ihr Bag ist, desto weniger Sorgen müssen Sie sich darüber auf der Runde machen. 

2) Beschäftigen Sie sich mit dem Platz

Sie denken, eine Platzvisite sei nur etwas für Profis? Gegenfrage: Warum?! Wenn Sie wissen, wo welche Schwierigkeiten auf Sie warten, werden Sie später im Turnier nicht unangenehm überrascht. Vor allem: Wenn Sie vorher bereits herausgefunden haben, aus welchen Lagen man auf diesem Platz mit welchen Schlägen idealerweise agiert, reduzieren Sie später den Druck und treffen Entscheidungen einfacher. Nicht immer ist es möglich, einen Kurs vor dem Turnier zu begutachten – oft könnten Sie es aber möglich machen! 

3) Entwickeln Sie Zielklarheit

Um Missverständnisse zu vermeiden: Mit Zielen ist in diesem Fall nicht der Traumscore gemeint, den Sie schon immer einmal auf Ihrer Karte eintragen wollten.  Vielmehr geht es darum, ein inneres Bild davon entstehen zu lassen, wie Sie auf welchen Bahnen agieren möchten. Mit Risiko übers Wasser? Lieber solide und defensiv? Welche Schläge helfen Ihnen an diesem Tag und unter den gegebenen Bedingungen am meisten? 

4) Bleiben Sie Ihren Routinen treu

Gewohnte Abläufe vor einem Schlag helfen Ihnen, fokussiert zu bleiben (oder es zu werden...) und sich weniger von Gedanken ablenken zu lassen. Oft ist es ja so: Man schlägt ein paar Bälle, die nicht dort landen, wo man sie gerne hätte und schon meldet sich die kritisierende Stimme im Kopf. „Warum läuft es heute nicht?“ „Was mache ich bloß falsch?“ „Reiß dich zusammen, verdammt noch mal!“ Häufig werden wir dann hektisch, nehmen uns weniger Zeit in der Vorbereitung eines Schlags oder – auch nicht besser! – denken viel zu lange nach und verkrampfen. Wenn Sie eine Routine gefunden haben, die Teil Ihrer jeden Schlagvorbereitung ist und Ihnen innere Ruhe schenkt, bringen Sie sich leichter zurück ins Hier und Jetzt – in den einzigen Moment, den Sie beeinflussen können. Vorschläge: Beobachten Sie Ihre Atmung, zählen Sie Ihre Atemzüge zwischen zwei Schlägen oder konzentrieren Sie sich beim Probeschwung auf das Fühlen des Schlägerkopfes. Einige Spieler schließen kurz vor dem Schlag die Augen und visualisieren, wie der Ball idealerweise fliegen soll.  

5) Erinnern Sie sich an Ihr bestes Spiel 

Die meisten Golfer wissen genau, was sie nicht so gut können – und denken viel zu oft daran. Machen Sie es anders: Tauchen Sie vor einem Turnier in Ihre schönsten Erinnerungen ab. Schließen Sie die Augen und lassen Sie die beste Runde Ihres Lebens wie einen Film ablaufen. Was hat damals besonders gut funktioniert? Wo haben Sie gespielt? Mit wem? Wie haben Sie sich gefühlt? Wie waren die äußeren Bedingungen? Fühlen Sie sich in die Situation hinein und erleben Sie sie noch einmal vor Ihrem inneren Auge. Nehmen Sie dabei so viele Details wie möglich wahr. Und dann machen Sie sich bewusst: Was einmal geklappt hat, kann jederzeit wieder funktionieren...  

6) Geben Sie sich ein Versprechen

Nein, es muss nicht die Traumrunde mit Zauberschlägen werden. Genauso wenig müssen Sie sich mantraartig einreden, dass Sie heute jeden Ball sauber treffen. Aber: Versprechen Sie sich vor einem Turnier, dass Sie alles geben werden, was an diesem Tag und unter den gegebenen Bedingungen für Sie möglich ist. Niemand kann jeden Tag Bestleistungen erzielen – weder beim Golf, noch im Büro oder sonst wo. Was Sie jedoch beeinflussen können: ob Sie alles dafür tun, um das für Sie an diesem Tag Bestmögliche herauszuholen. Wem das gelingt, der blickt später meistens mit Zufriedenheit in den Spiegel – und das ist wichtiger als jeder Score...


Über den Autor: Felix Grewe ist nicht nur Sportjournalist und Autor, er ist auch ausgebildeter Coach und zertifizierter Trainer der Inner Game Methode von Timothy Gallwey.