Reise
Die biblische Friedensbotschaft vom Silberberg
30. November 2022 , Redaktion Golf.de
Die Precise-Hotelkette ist neuer Eigentümer des größten ostdeutschen Golfresorts. Im EverGreens-Reisetipp spricht Reiseexperte Wolfgang Weber mit Ron Ben Haim, Chef der Precise Hotels & Resorts mit Sitz in Berlin.
Text: Wolfgang Weber
Es war das Ende einer großen Tristesse und wohl auch einer jahrelangen zähen Pokerpartie hinter den Kulissen, als im vergangenen Sommer nach mehr als zweijähriger Schließung des Hotelbetriebs das größte Golfresort Ostdeutschlands bei Bad Saarow südöstlich von Berlin endlich wieder vollumfänglich öffnete. Die über 300 Hektar große Anlage am Westufer des Scharmützelsees mit insgesamt 63 Golfbahnen firmiert jetzt, nach einer monatelangen umfänglichen Renovierung des 115 geräumige Zimmer und Suiten umfassenden 5-Sterne-Hotels, als „Precise Resort Bad Saarow“.
An Namenswechsel ist das riesige Anwesen seit seinem Start in den Neunziger Jahren mehr als zur Genüge gewöhnt. Insgesamt vier namhafte Betreiber haben sich in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten an dem Mega-Resort schon die Zähne ausgebissen: Der erste, immerhin kein Geringerer als die renommierte Kempinski-Hotelgruppe, verabschiedete sich schon nach wenigen Jahren wieder. Dann firmierte die ebenso schöne wie riesige Anlage als „The Palmerston“, später als „Das Brandenburg“. 2004 wurde sie erneut umbenannt in „A-Rosa-Resort“. Pächter und Betreiber war nun die Deutsche See Reederei (DSR) Hotel Holding.
Auszeichnungen gesammelt
Mehrfach wurde „Deutschlands erste 5-Sterne-Superior-Golfanlage“ als „Leading Golf Resort of Germany“ ausgezeichnet. 2017 erhielt das A-Rosa-Resort den „World Golf Award“ als bestes Golfhotel Deutschlands. Eitel Sonnenschein über der Mark, so schien es längere Zeit.
Umso mehr Erstaunen und Kopfschütteln in der Branche, Fassungslosigkeit und Wut unter den Mitgliedern des Golf Clubs Bad Saarow waren die Reaktionen im Frühsommer 2020, als die Hotel-Anlage nach der Corona-bedingten mehrwöchigen Schließung aller Hotels als landesweit einziges Golf-Resort die Türen einfach geschlossen hielt - angeblich wegen zu geringer Nachfrage. Während landauf, landab der Golfsport und auch der Inlands-Golftourismus sich als Pandemie-Gewinner erwiesen, drohten im schönen Bad Saarow dauerhaft die Lichter auszugehen.
Ausgerechnet der Vorzeiegeplatz des Resorts, der Nick-Faldo-Course, blieb bei reduzierter Platzpflege ganzjährig geschlossen, ebenso wie das schicke Clubhaus neben der Hotelanlage und dem 18. Grün des Arnold-Palmer-Platzes. In der Region schossen wilde Spekulationen ins Kraut, hinter alledem verberge sich ein schon lange andauerndes, erbittertes österreichisch-hanseatisches Armdrücken zwischen Eigentümer und Betreibergesellschaft um eine vorzeitige Beendigung des langfristigen Pachtvertrages.
Neustart nach Besitzerwechsel
Lachender Dritter in der Causa Bad Saarow war schließlich Ron Ben Haim, Chef der Precise Hotels & Resorts mit Sitz in Berlin. Doch diesmal handelt es sich nicht nur um einen Betreiberwechsel und ein „weiter so“ unter neuem Namen. Der aus Israel stammende BenHaim hat das komplette Resort samt seiner vier Golfplätze vom Gründer und Alteigentümer, dem österreichischen Baunternehmer und ex-Politiker Hans-Peter Haselsteiner, gekauft.
Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen bewahrt; allerdings dürfte es sich dabei dem Vernehmen nach wohl nur um einen Bruchteil jener 200 Millionen D-Mark gehandelt haben, die Haselsteiner in den Neunzigern investiert haben soll, um am schönen Scharmützelsee sein „exklusives Resort im Luxussegment mit weitläufigen Sportanlagen und hochwertigen Immobilien“ aus dem märkischen Boden zu zaubern. Brandenburgs Landesregierung legte auf den Investitionsbetrag damals noch weitere 100 Millionen D-Mark öffentliche Gelder drauf, weil das Resort in der strukturschwachen Region die Schaffung von 350 neuen Arbeitsplätzen versprach. Es handelte sich um nicht weniger als das größte private Investitionsprojekt in Brandenburg im Jahrzehnt nach der Wende.
Mit vier Golfplätzen wuchs Haselsteiners Anlage zum größten Golfresort in den neuen Bundesländern heran: 1995 wurde der Arnold-Palmer-Platz eröffnet, im Jahr darauf der Nick-Faldo-Course, 2000 folgte der öffentliche Jake-McEwan-Platz mit 9 Löchern und 2001 der Stan-Eby-Kurs.
Auch dank dieses Mega-Resorts wurde Bad Saarow nach der Wende rasch wieder zu einem beliebten Ausflugsziel insbesondere der Berliner - wie schon einmal in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Bekannt für seine Thermalquelle und mineralreichen Schlamm, wurden hier schon um 1900 Hautkrankheiten kuriert. 1911 eröffnete am Nordufer des Scharmützelsees ein erstes Sanatorium, drei Jahre später ein Moorbad.
Seit 1923 darf sich der Ort offiziell „Bad“ nennen - und wurde zum „feudalen Modebad Berlins“. In den „Goldenen Zwanzigern“ entwickelte sich der Ort zum bevorzugten Erholungsort und Treffpunkt der Berliner Kultur- und Filmszene. Berühmtheiten wie die Schriftsteller Kurt Tucholsky und Maxim Gorki, der Regisseur Ernst Lubitsch und die UFA-Schauspieler Gustav Fröhlich und Anny Ondra waren oft und lange Gäste in Bad Saarow.
Wo Max Schmeling seinen Driver schwang
Ab 1930 wurden dort auch schon Golfschläger geschwungen, auf dem 9-Löcher-Platz des „Golf-Club Saarow Scharmützelsee“. Berühmtestes Mitglied war Max Schmeling. Der Boxlegende gehörte ein Haus mit Seegrundstück, nur einen Steinwurf vom Golfplatz entfernt.
Als nach der Weltkriegs-Katastrophe die Farbe der Regierenden im Osten Deutschlands von Braun zu Rot wechselte, war Zapfenstreich auch für den gepflegten grünen Rasen am Scharmützelsee. In der golffreien DDR schlugen am Seeufer nun die Jungen Pioniere ihre Feldlager auf. NVA- und Stasi-Offiziere sowie SED-Granden verbrachten gern mal ein Wochenende oder auch ein paar Ferienwochen im „Bad der Werktätigen“. Und auf dem Silberberg, einer sanften Anhöhe westlich des Sees, war eine Raketeneinheit der Nationalen Volksarmee stationiert, mit drei nach Westen ausgerichteten Raketenbatterien sowjetischer Bauart.
Reste der monströsen alten Bunkeranlagen, inzwischen weitgehend von dichtem Buschwerk überwuchert, verstecken sich bis heute schamhaft im Unterholz auf der bewaldeten Kuppe des Silberbergs. Und dazwischen verlaufen einige der gepflegten Spielbahnen des Stan-Eby-Platzes - eine besonders eindrucksvolle Neuinterpretation der biblischen Friedensbotschaft: Statt ‚Schwerter zu Pflugscharen‘ jetzt ‚Raketen zu Golfschlägern‘.
Die ganze Geschichte erzählt die neueste Episode des Golfreise-Podcasts „EverGreens“. Den Podcast finden Sie bei Spotify, auf Apple Podcast, überall sonst, wo es gute Podcasts gibt und auf der Webseite ever-greens.de.