Reise
Ein „Königshaus“ mit turbulenter Geschichte
15. November 2022 ,
Klein, aber oho! Was die schiere Größe angeht, mag das Reiseland Slowenien im europäischen Vergleich ziemlich weit hinten rangieren. Reiseexperte Wolfgang Weber berichtet über Royal Golf Bled in Slowenien.
Text: Wolfgang Weber
Nur knapp so groß wie das Bundesland Hessen, liegt die kleine Republik Slowenien mit ihren gut 2,1 Millionen Einwohnern zwischen Ostalpen und Karst, Pannonischer Tiefebene und Adria in Sachen Beliebtheit bei Touristen hingegen seit Jahren ganz weit vorne - und das aus guten Gründen. Auf engem Raum bietet Slowenien eine faszinierende landschaftliche Vielfalt und - egal, zu welcher Jahreszeit - nahezu unendliche Möglichkeiten für Aktivurlaub.
Auch in Sachen Golfsport bewegt sich Slowenien schon seit etlichen Jahren auf der Überholspur. Zwischen der österreichischen und der kroatischen Grenze entstanden seit den 90er Jahren sechs neue 18-Löcher-Anlagen und neun 9-Löcher-Plätze, die etwa von der quirligen Hauptstadt Ljubljana aus sämtlich in kaum mehr als zwei Autostunden zu erreichen sind.
Das Maß aller Dinge im bunten Portfolio der slowenischen Golfanlagen, das steht außer Frage, ist freilich wie eh und je der älteste Golfplatz des Landes nahe dem wunderschönen Kurort Bled, vor der majestätischen Kulisse der Bergkette der Karawanen an der Grenze zum österreichischen Kärnten. So mancher Besucher stellt sich hier die Frage: Wie kommen die Betreiber dazu, diesem - wenn auch exzellenten und überaus zu empfehlenden - Golfplatz in der jungen EU-Republik den Beinamen „Royal“ zu verpassen? Und warum wird das Clubhaus dieser Golfanlage, die auf eine turbulente, wendungsreiche Geschichte zurückblickt, „Königshaus“ genannt?
Um diese Fragen zu beantworten, muß man im Geschichtsbuch um etliche Jahrzehnte und mehrere Weltanschauungen zurückblättern - in ein vollkommen anderes politisches System in einem vollkommen anderen Land: Als der Golfplatz von Bled - der, bei Licht besehen, nicht einmal, sondern dreimal „geboren“ wurde - 1937 erstmals eröffnet wurde, war das damalige Jugoslawien noch ein Königreich. Der europaweit bekannte Kurort Bled mit seinem zauberhaften Alpensee war eine beliebte Sommerresidenz des Regenten.
Schon nach wenigen Jahren, mit der Besetzung Jugoslawiens durch Hitlers Wehrmacht und dem späteren Aufstieg des Partisanenführers Josip Bros Tito zum Staatschef der neuen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, war das kurze Kapitel „Golf“ auf dem westlichen Balkan für mehrere Jahrzehnte erledigt. Die einstigen Fairways im Wald bei Bled dienten nun als Kartoffelacker, Gemüsebeete und in Teilen als Schießplatz der jugoslawischen Armee. Aus dem stolzen Königshaus der Golfer wurde ein ziemlich heruntergekommenes Flüchtlingsheim.
Für seine „Wiedergeburt“ als immer noch erster Golfplatz ganz Jugoslawiens sorgte der bekannte britische Golfplatzarchitekt David Harradine Anfang der 70er Jahre im Auftrag der starken Hoteliers-Lobby von Bled. Gegen den Widerstand vieler strammer Kommunisten nutzten die Hoteliers die von ihnen finanzierte Renaissance des Golfplatzes dazu, Bled wieder als Fixpunkt auf der Landkarte des devisenbringenden internationalen Tourismus zu verorten.
Noch einmal, lange nach der Unabhängigkeit der 1991 erklärten Unabhängigkeit der neuen Republik Slowenien, geriet die Golfanlage in Bled im vorigen Jahrzehnt in existenzielle Nöte, bis sie schließlich von einem solventen Investor gerettet und einer Rundumerneuerung unterzogen wurde. Mit einigem Recht trägt der Golfplatz von Bled seit seiner „dritten Geburt“ inklusive deutlichem Upgrade den Adelstitel „Royal“, und auch das Clubhaus, unter dessen Dach man jetzt in einigen edlen Suiten übernachten kann, erweist sich seines althergebrachten Namens Königshaus heute würdiger denn je.
Bei alledem spielt auch eine betagte Prinzessin mit einer für die Adelspresse und die Yellow Press gleichermaßen spannenden Life-Story eine tragende Rolle. In der geht es um Flucht ins Exil, um namhafte Politiker und berühmte Hollywood-Stars, um große Gelder für Charity-Projekte und um Heimkehr nach Jahrzehnten in der Fremde.
Die ganze dramatische Geschichte um einen Golf-Champion, eine Prinzessin und die Geheimnisse des Königshauses von Royal Golf Bled erzählt die neueste Episode des Golfreise-Podcasts „EverGreens“. Den Podcast erreichen Sie bei Spotify, auf Apple Podcast, überall sonst, wo es gute Podcasts gibt und auf der Webseite Ever-Greens.de.
Kulinarischer Reisetip
Im Hinblick auf die Qualität seiner Gastronomie sieht sich Slowenien - das ohnehin als das wirtschaftlich erfolgreichste und wohlhabendste Land gilt, das aus dem einstigen sozialistischen Jugoslawien hervorgegangen ist - mittlerweile als „in der Weltspitze etabliert“. Als Nachweis dienen den stolzen Slowenen die in den vergangenen Jahren fleißig eingeheimsten, weltweit überaus begehrten Michelin-Sterne. Die ersten für Restaurants in Ljubljana, Maribor & Co. gab’s 2020.
Im aktuellen Guide Michelin werden landesweit insgesamt 58 Restaurants aufgrund der besonderen Qualität ihrer Küche gelistet. Neun wurden bereits mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Sogar mit zwei Sternen geadelt wurde das „Hisa Franko“ (Haus Franko) im kleinen Städtchen Kobarid im idyllischen Soca-Tal nahe der italienischen Grenze. Die dortige Chefköchin Ana Ros wurde darüber hinaus bei den „Best Chefs Awards“ zur den sieben besten Köchinnen der Welt gewählt. Damit nicht genug, darf sich die ebenfalls im Hisa Franko tätige Masa Salopek wegen ihrer verführerischen Desserts sogar „beste Konditorin der Welt“ nennen.
Aber auch die Küche in so manchem slowenischen Golf-Clubhaus - nicht zuletzt im Kraljeva Hisa (Königshaus) von Royal Golf Bled - ist sehr zu empfehlen. Schönes Spiel und Dober Tek (Guten Appetit)!
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