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Mack und die großen Ziele


8. September 2022 , Thomas Fischbacher


Im Aufwind: Polly Mack
Im Aufwind: Polly Mack | © Tristan Jones/LET

Polly Mack begann ihre Profi-Laufbahn furios mit Platz vier beim Berliner Heimspiel. Mittlerweile hat sich die 23-Jährige auf der Epson Tour etabliert – und verfolgt große Ziele.

Als sich Polly Mack Ende Juni im Vorfeld des Amundi German Masters in aller Ruhe auf das anstehende Turnier vorbereitete, ahnte sie noch nicht, was in der Woche im Süden der Landeshauptstadt alles passieren würde. Die junge Deutsche arbeitete auf der Driving Range an ihrem Griff und versuchte, ihren Rückschwung etwas steiler zu gestalten. Zudem feilte sie an der Distanzkontrolle bei den Putts. 

Der Schliff am Spiel sollte sich lohnen für Mack, die bei ihrem erst dritten Turnier im Profilager ein Spektakel ablieferte. Nicht nur ihr athletischer Schwung beeindruckte das Publikum, sondern ein spielerisches Gesamtpaket, das Hoffnung macht auf eine Karriere, die vielleicht sogar auf die LPGA Tour führt. Sie veredelte ihre ohnehin schon reife Leistung in diesen vier Tagen mit einem Eagle auf dem Schlussloch. Ihre Annäherung mit dem Wedge landete via Rückwärtsdrall im Loch. Es folgten tolle Szenen mit Gänsehaut, Jubelsprüngen und Freudentränen.

„… kann man sich nicht erträumen."

„Ein besseres Ergebnis kann man sich nicht erträumen. Und das vor der eigenen Familie und Freunden“, bilanzierte sie damals. „So ein Eagle zu erzielen, wo der Ball hinter dem Loch aufkommt und zurückspinnt, ist unglaublich. Ich war gestern nervöser als heute, weil es schon neu für mich ist, vor so vielen Zuschauern zu spielen. Heute war es ein kleines Stück besser.“


Die Nervosität war mehr als nachvollziehbar, denn Mack war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal zwei Wochen Profi und stand als Berlinerin am Golf- und Country Club Seddiner See besonders im Fokus. Nicht nur, weil viele Freunde, Bekannte und die Familie sich angekündigt hatten. 

Der 23-Jährigen war der Südplatz am Seddiner See aus ihrer Jugend im Golfclub Stolper Heide im Norden Berlins bestens bekannt. Unweit ihres Heimatclubs wuchs sie auf und entdeckte durch ihre Großmutter die Liebe zum Golfsport, der sich gegen Tennis durchsetzen konnte und immer mehr zur Lieblings-Freizeitbeschäftigung wurde. Nach der Schule ging sie mit einem Stipendium in die USA, wo sie an der University of Alabama in diesem Jahr ihren Abschluss in Hospitality Management (Major) und Marketing (Minor) machte. 

Auf Epson Tour etabliert

Golf hatte sie bei der Auswahl des Studienfachs bereits im Hinterkopf. Man könne beispielsweise in einem Golf-Resort arbeiten, erklärte sie. Doch zunächst wolle sie ihr Glück auf der Tour versuchen. Leider müsse man als Dame schon zur Spitze gehören und gute Sponsoren haben, um gut vom Golf leben zu können, so Mack weiter. „Ich werde sehen, wie weit ich komme.“

Das Eagle brachte Mack den vierten Rang beim dritten Start als Profi. Zuvor hatte sie bei ihrem Debüt auf der Epson Tour Platz 16 belegt. Auch nach dieser besonderen Woche in Berlin ging es weiter in die richtige Richtung. Ihr Lebensmittelpunkt hat sich nach Florida verlagert, die spielerische Heimat ist die Sprungbrett-Liga zur LPGA Tour, für die sich Mack noch als Amateurin via Q-School qualifiziert hatte. 

Mittlerweile stehen sieben Starts in der Bilanz. Ihren Rundenschnitt von 70,85 Schlägen können nur sechs Mitstreiterinnen unterbieten. Anfang August gelang ihr bei der French Lick Charity Classic in Indiana mit Platz drei ihr bestes Ergebnis. Mit dieser Top-Platzierung konnte sie es vermeiden, in der ersten Stufe der Q-School antreten zu müssen. Von Position 124 der Gesamtwertung ging es bis auf den 31. Rang nach vorne. Es war eine Leistungsexplosion unter unangenehmen Druck. Mack meisterte erneut eine mental enorm schwierige Aufgabe mit Bravour. 

Vielleicht klappt es sogar mit der LPGA Tour

„Von nun an werde ich alles entspannt angehen“, erklärte sie und formulierte gleich neue Ziele: Die Top Zehn der Wertung wolle sie erreichen, was den direkten Aufstieg auf die LPGA Tour bedeuten würde. Und vielleicht wäre sogar ein Sieg möglich. Sie wisse nun, dass das mit ihrem Spiel möglich sei.


Aktuell steht Mack nach weiteren starken Vorstellungen (T12 beim Four Winds Invitational, T4 bei der Circling Raven Championship) auf dem 24. Rang der Saisonwertung. Das eine oder andere Top-Ergebnis ist bei vier noch ausstehenden Turnieren im Kalender noch nötig, wenn es mit dem ganz großen Ziel LPGA Tour klappen soll. Ansonsten gäbe es eine Chance über die Q-School.

Wenn Mack in ihrer noch jungen Laufbahn eines bewiesen hat, dann, dass sie mit Drucksituationen ganz gut umgehen kann. Als Rookie ist sie eine der konstantesten einer Tour, die sich auf einem sehr hohem Niveau befindet.

So wirklich überrascht wäre wohl niemand, wenn diese 23-Jährige mit dem athletischen Schwung irgendwann auch auf der LPGA Tour für Spektakel sorgen würde.