Ernährung

Koffein vor dem Golf – hilfreich oder schädlich?


16. August 2022 , Redaktion Golf.de


Das Lieblings-Heißgetränk der Deutschen. Aber ist Kaffee vor einer Golfrunde empfehlenswert?
Das Lieblings-Heißgetränk der Deutschen. Aber ist Kaffee vor einer Golfrunde empfehlenswert? | © Pixabay

Wie wirkt sich Kaffee vor einer Runde auf die Leistungsfähigkeit aus? Ernährungsexpertin Lena Kadlec gibt die Antwort.

Neun von zehn Deutschen trinken Kaffee. Durchschnittlich sind es drei Tassen täglich, was bedeutet, dass jeder Bundesbürger im Schnitt 150 Liter Kaffee in einem Jahr trinkt. Um den Kaffeegenuss ranken sich zahlreiche Mythen. Ist er gesund oder schadet er dem Körper? Wie viel Koffein am Tag ist in Ordnung? Und welchen Einfluss hat er auf die Leistungsfähigkeit eines Sportlers, insbesondere eines Golfers? Sporternährungsexpertin Lena Kadlec, die auf Ernährung für Golfer spezialisiert ist, antwortet!   

„Ich bekomme diese Frage häufig gestellt. Die Antwort ist vielschichtig – und wichtig für alle Golferinnen und Golfer. Koffein gehört weltweit zu den beliebtesten Stimulantien im Sport, die meisten wissen jedoch nicht, dass es unter den Überbegriff der Droge fällt. Koffein kann abhängig machen und auf unsere physiologischen Funktionen, wie Herz-, Lungen- und Muskelaktivität und die nervale Reizweiterleitung (Nervensystem) wirken. Ebenso hat Koffein einen Einfluss auf unseren psychischen Zustand. Die Aufnahme von Koffein kann Zufriedenheit, Wachsamkeit, visuelle Aufmerksamkeit und das Erinnerungsvermögen optimieren und regt darüber hinaus den Stoffwechsel, die Atmung und die Herztätigkeit an. Die positiven Effekte auf die sportliche Leistungsfähigkeit sind mittlerweile gut erforscht. Besonders häufig konnte eine Verbesserung der Ausdauerfähigkeit, Reaktionsfähigkeit und eine erhöhte Fettverbrennung nachgewiesen werden. Für uns Golfer ist vor allem die Konzentration entscheidend. 

Trinkt gern mal einen Kaffee auf dem Platz: Phil Mickelson.
Trinkt gern mal einen Kaffee auf dem Platz: Phil Mickelson. | © Getty Images/Brian Rothmuller


Was die Wissenschaft weiß

Aktuell existieren nur wenige Studien, die den Effekt von Koffein auf das Golfspiel erforscht haben. Die vorhandenen Ergebnisse zeigen jedoch, dass bei konstanter Aufnahme eines kohlenhydrathaltigen Koffeingetränks (vor- und während der Runde) die Puttleistung der Studienteilnehmer auf den letzten sechs Bahnen eines Turniers besser aufrechterhalten werden konnte als bei jenen Spielern, die nur Wasser tranken. Auch kognitive Parameter, wie Konzentration und Aufmerksamkeit, aber auch verzögerte Müdigkeit wurden nach Selbsteinschätzungen als signifikant besser bewertet. 

Diese Ergebnisse klingen verlockend für Kaffee-Junkies, trotzdem ist wichtig: Kaffee sollte nicht als Allzweckwaffe verstanden werden. Gerade wenn er als Dauergetränk konsumiert wird, sind auch unangenehme Nebenwirkungen möglich – und zwar meist erst nach 30 bis 45 Minuten, denn so lange dauert es, bis sich das Koffein vollständig wirkt. Je nach Gefühlslage, Dosierung, Brühstärke, Brühhitze, Kaffeesorte und -maschine sind die Auswirkungen sehr unterschiedlich. Bei manchen Spielern ist es möglich, dass Kaffee eine Stunde vor der Tee-Time zu Nervosität und Unruhe führt, manchmal auch zu zitternden Händen. Mein Tipp deshalb: Greifen Sie besser zu Elektrolyttabletten mit zusätzlichem Koffeinanteil, zu reinen Koffeintabletten oder anderen gut dosierten Produkten wie Guarana Extrakt. Wichtig dabei ist die Auflistung der Produkte auf der Kölner Liste zu beachten. Für das optimale Timing der Einnahme von Koffeintabletten sind 25-40 Minuten vor Tee-Time zu empfehlen, eine zweite Aufnahme kann je nach Verträglichkeit und Dosierung an Loch 9 geschehen, um eine konstante Koffeinkonzentration im Blut aufrecht zu erhalten. Dabei sollten Sie beachten, dass Sie neue Produkte und/oder Ernährungsstrategien erst in wettkampfähnlichen Szenarien testen. 

Warum Sie auf Energy Drinks verzichten sollten

Grundsätzlich gilt: Bei sogenannten „Skill Sportarten“ wie Golf ist eine niedrig dosierte Koffeineinnahme von maximal 2 mg pro Kilogramm Körpergewicht zu empfehlen. Golfstudien testeten Dosierungen zwischen 1,6 – 1,9 mg pro Kilo Körpergewicht, heißt also 96-114 mg für eine Golferin, die 60 Kilo wiegt. 

Eines noch zum Schluss: Von Energy Drinks rate ich Ihnen ab! Der Koffeinanteil in diesen Getränken ist so hoch, dass es gelegentlich zu unkontrolliertem Muskelzittern kommen kann – nicht gerade vorteilhaft, wenn Sie den Putt zum Par lochen wollen...“
 

Lena Kadlec ist Expertin für Sporternährung mit Schwerpunkt Golf.
Lena Kadlec ist Expertin für Sporternährung mit Schwerpunkt Golf. | © Lena Kadlec


Infos Lena Kadlec

Sportwissenschaftlerin der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS Köln) und zertifizierte Sporternährungsexpertin des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), spezialisiert auf das Thema Golfernährung. Langjährige Erfahrung als Ernährungscoach im Leistungssport, unterrichtet an der DSHS Köln, dem Olympia Stützpunkt Rheinland (OSP) und weiteren Sportverbänden. Bereitet Top-Sportler auf Olympia 2024 in Paris vor. Autorin diverser Fachmagazine. Entwickelte für den Deutschen Golf Verband (DGV) ein Ernährungskonzept. Schreibt aktuell ein Buch zum Thema, das im Frühjahr 2023 erscheinen soll. 

Lena Kadlec kann für 1:1 Coachings, Vorträge und Webinare, Workshops und Strategie- und Konzeptentwicklungen im Bereich der Sporternährung kontaktiert werden. 

Website: lena-kadlec.de; E-Mail: [email protected]