BGEGC 2022

Premiere auf der Tour: „Das ist schon ziemlich cool“


19. Juli 2022 , Thomas Kirmaier


Ein gutes Team: Tim Wiedemeyer mit seinen Eltern Sabine und Torsten.
Ein gutes Team: Tim Wiedemeyer mit seinen Eltern Sabine und Torsten. | © Kirmaier

Tim Wiedemeyer spielt eine grandiose Saison 2022. Mal wieder. German Boys Champion, Team-Europameister - langsam wird’s zu Hause eng im Pokal-Regal. Nun bekommt der Nationalspieler aus München eine Chance auf der Tour, denn sein Name steht auf der Entry List der Big Green Egg German Challenge powered by VcG (21. bis 24. Juli) im Wittelsbacher GC. Unter „Category 4b – Amateurs“ steht: Tim Wiedemeyer. Der 17-Jährige freut sich.

Es ist ein sonniger Sonntagmorgen auf der Driving Range des Marienburger Golfclubs. Im Süden Kölns macht sich ein junger Mann aus Bayern warm für den vierten Spieltag in der Deutschen Golf Liga presented by All4Golf. Er haut seine Eisen mit mächtig Wumms Richtung Autobahn. Seine Performance war 2021 schon krass, in 2022 scheint Tim Wiedemeyer alles bisher Dagewesene noch einmal zu toppen. Und weil vor lauter eingesammelter Titel langsam die Ziele im Amateurbereich ausgehen, wird der Gymnasiast aus Olching bei München jetzt erstmals auf der Tour seine Chance bekommen.

„So viel kann man schon verraten. Einer der deutschen Amateure, die an der Big Green Egg German Challenge powered by VcG teilnehmen dürfen, ist Tim Wiedemeyer.“ Auch Christian Schunck, Turnierdirektor und stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Golfsport GmbH (DGS), ist nicht entgangen, welche Scores der 17-Jährige in der laufenden Saison wieder auf die Karten gezimmert hat. German Boys Champion in St. Leon-Rot – mit einem riesigen Vorsprung auf eine Konkurrenz, die auch weiß, wie es geht. Und mit einem Platzrekord, der vor Jahren nicht einmal Tiger Woods gelungen war. Da war die Wiese sogar noch kürzer gewesen. Titel mit Team Germany bei der Mannschafts-EM verteidigt, Leistungsträger in der 1. Bundesliga Süd der Herren.

„Tim ist ein Wettkampftyp. Im Turnier spielt er manchmal Bälle, die er im Training nie auf Anhieb hinbekommen würde. Aber in Drucksituationen schafft er das“, sagt Arne Dickel. Der Coach des Münchener GC weiß um die Qualitäten seines Schützlings, den er vor wenigen Jahren übernehmen durfte. Tim Wiedemeyer (Abkürzung TW wie sein Vorbild Tiger Woods) machte seine ersten Golfschritte, als ihn seine Eltern Sabine und Torsten mit auf die Golfanlage Rottbach genommen hatten. „Es war nie unser Plan, dass unser Sohn Golf spielt, aber er fand es toll“, sagt die Mama. Der Sport machte ihm derart Spaß, dass er trainierte und schnell besser wurde. Sehr schnell.

Nach dem Wechsel in den GC Olching hob ihn der dortige Trainer Marco Schmuck aufs nächste Level. Als Schmuck allerdings nach St. Leon-Rot ging, sah sich der Teenager nach einem neuen Coach rund um München um und landete bei Dickel im MGC. Keine schlechte Idee, zumal die Bälle auf der Range kostenlos sind. Für Trainingswillige ein Segen. So auch für den jungen Tim. „Im ersten Jahr, als er es so richtig ernst genommen hat, hat er 16.000 Bälle aus dem Automaten gezogen“, erzählt Papa Torsten. Die ersten größeren Erfolge ließen nicht lange auf sich warten.


2017 wurde er Deutscher Meister der AK 14 und Bayerischer Meister der AK 12 und AK 13. Weitere Titel auf nationaler und internationaler Ebene folgten, seit 2021 gehört er dem Golf Team Germany an. Auf dessen Website steht bei Tim Wiedemeyer unter Stärken: „Drive, Präzision, mentale Stärke, Putten.“ Das ist ein ziemlich gutes Paket. Dass er zwischen den Ohren stabil ist und eine coole Socke ist, beweist er immer wieder aufs Neue. Bei der Team-EM 2022 in St. Leon-Rot schickte er einen gewissen Frank Kennedy zweimal – im Einzel wie im Vierer – mit 7&5 nach Hause. 7&5, das ist im Golfsport ein Kantersieg oder das, was man im Volksmund auch „Klatsche“ nennt. Dabei gehört der Engländer Kennedy keineswegs zur Laufkundschaft, sondern zu den hoffnungsvollsten Talenten des Königreichs.

Und wie geht das jetzt weiter mit Tim Wiedemeyer, dem 17-jährigen Burschen aus Bayern, der auf dem Platz enorm ruhig und bei sich bleibt? Ist das Kaltschnäuzigkeit? „Ich will Profi werden“, sagt er. Daran gibt es keinen Zweifel. Damit ist er nicht allein. Die Luft wird immer dünner an der Spitze. Der Weg zum Ziel soll über ein US-College führen, wenn er 2023 sein Abitur am Münchner Isar-Sport-Gymnasium gemacht hat. Die dortige Schulleitung unterstützt den Athleten und stellt ihn frei, wenn er wieder zu Turnieren reisen muss. Und nach dem Abi? Seine Wahl ist auf die Texas Tech University gefallen. In den Staaten soll es über die Korn Ferry auf die PGA Tour gehen.

Vorher darf Tim Wiedemeyer noch in Deutschland beweisen, was er so im Köcher hat. Die zweite Ausgabe der Big Green Egg German Challenge powered by VcG (21. bis 24. Juli/Wittelsbacher GC) wird sein erster Auftritt bei den Profis sein. Eine gute Gelegenheit, sich zu zeigen, mit Männern in den Ring zu steigen, die schon einiges gesehen haben auf der Tour. Oder einfach nur gutes Golf zu spielen und sich zu entwickeln. „Das wird mein erstes Turnier auf der Tour, das ist schon ziemlich cool, dass ich da mitspielen kann“, sagt er. Sein Ziel: Cut schaffen – und Spaß haben. Zu verlieren hat er ja sowieso nichts. „Ich habe den Platz schon mal gespielt, das ist aber lange her“, so Wiedemeyer. Heißt: Er wolle sich gut vorbereiten. Wie sonst eben auch. Vielleicht klappt’s ja sogar mit einer Überraschung. „Ich möchte das genießen und dann schauen wir, was möglich ist.“

Es wird jedoch sicher auch mal wieder Rückschläge geben im Leben des Tim Wiedemeyer. Das ist völlig normal. „Er ist motiviert und nimmt sich Niederlagen nicht allzu sehr zu Herzen. Und er macht sein Ding, ist dabei aber nicht untrainierbar“, sagt Coach Dickel über einen 17-Jährigen, der es schaffen kann und für den Golf viel, aber eben nicht alles ist. Es gibt noch andere Dinge: Freunde, Familie, Kino, Schule, Hündin Diva. Viel hat er schon gesehen in seiner noch jungen Karriere. Noch viel mehr soll dazukommen. Ein Ticket für die Challenge Tour ist der nächste Schritt, das hat er sich verdient. Ganz Golf-Deutschland ist gespannt, was da und in den kommenden Jahren so drin ist für TW vom MGC, den jungen Mann aus Bayern, der eigentlich ein ganz normaler Teenager ist, aber im Moment einfach verdammt gut Golf spielt.