Team-EM

Interview mit Uli Eckhardt


29. Juni 2022 , Christopher Tiess


Uli Eckhardt - der Bundestrainer der Herren - im Interview zur anstehenden Mannschafts-Europameisterschaft der Herren. (Foto: DGV/ Tiess)
Uli Eckhardt - der Bundestrainer der Herren - im Interview zur anstehenden Mannschafts-Europameisterschaft der Herren. (Foto: DGV/ Tiess)

Im Vorfeld zu den Mannschafts-Europameisterschaften der Herren steht Bundestrainer Ulrich Eckhardt für ein Interview zur Verfügung. Dabei geht es um die Team-EM selbst sowie um einige ganz grundsätzliche Themen im deutschen Golfsport.

Die Team-EM der Herren findet in diesem Jahr im britischen Royal St. George’s Golf Club statt. Der an der Straße von Dover gelegene Links-Course wird die deutsche Herren-Nationalmannschaft vor ganz eigene Herausforderungen stellen. Während sich das Golf Team Germany auf dieses so wichtige Ereignis vorbereitet, steht Bundestrainer Ulrich „Uli“ Eckhardt für ein telefonisches Interview um große und kleine Fragen zur Verfügung. Zusätzlich zu diesem Interview wird es einen Artikel geben, der sich exklusiv dem nominierten deutschen Team widmet.

Hallo Uli - und vielen Dank für Deine Zeit. Ihr seid derzeit in der Vorbereitung für eines der wichtigsten Ereignisse im Turnierkalender des Amateur-Golfsports. Dieses Mal findet die European Amateur Team Championship im englischen Royal St. George’s Golf Club statt. Du kennst die Anlage, richtig?

Ja, tatsächlich. Ich kenne den Platz sogar ganz gut. Es ist ein komplizierter Links-Course. Er ist sehr traditionell ausgelegt und man kann durchaus schwierige Kicks auf den Fairways bekommen. Er wird für viele eine Herausforderung darstellen, aber wir freuen uns alle sehr darauf, dort zu spielen. 

Wie sieht Eure Vorbereitung für diese Team-EM aus?

Für unsere unmittelbare Vorbereitung haben wir uns ebenfalls einen Links-Platz rausgesucht. Den besuchen wir im Rahmen eines Trainingslagers direkt in den Tagen vor der Team-EM. Denn eines ist klar: Links-Golf ist ein ganz eigenes Spiel. Dafür muss man ein Auge entwickeln. Einige von uns haben bei den British Amateur Championship mitgespielt  und haben sich dort auch gut geschlagen. Aber eben nur einige und nicht alle. Links-Golf ist anders - und es ist nicht unsere Stärke. Wir haben also gegenüber Nationen wie Irland, Schottland, Wales und England einen Nachteil. Diesen wollen wir im Trainingslager abschwächen. Und was dann noch bleibt, müssen und wollen wir mit Spirit, Kompetenz und unserem Spiel vom Tee wettmachen. 

Wenn Du einen Platz für die Meisterschaft aussuchen könntest - was wäre das für eine Anlage?

Mein Traumplatz wäre sicher ein Parkland-Course, vielleicht ein amerikanisches Design. Da hat unser Team viel Erfahrung und Wettkampfpraxis - das liegt uns.

Wo siehst Du das Golf Team Germany im internationalen Vergleich und was ist Euer Ziel für die diesjährige Team-EM?

Nun, wenn man einen Blick auf die Amateur-Weltrangliste wirft, sieht man schnell: wir sind keine Titelfavoriten. Aber die letzten Wochen mit den Spielern waren gut und ich denke, wir werden ein Wörtchen mitreden können. Wir wollen während der Zählspiel-Qualifikation in den ersten Flight kommen. Das ist als erster Step tatsächlich schwer genug. Und im Lochspiel können wir grundsätzlich jeden schlagen - das traue ich uns auf jeden Fall zu.

Golf ist im Grundsatz eine Individual-Sportart. Welche Rolle spielt der Mannschaftsgedanke letztendlich?

Die Jungs verstehen sich sehr gut - die werden füreinander kämpfen. Was das angeht, können wir gegen jeden antreten. Den Team Spirit merkt man und wenn man sich erst einmal im Turnier befindet, springt der Funke schnell über. Es ist wirklich erstaunlich zu sehen, wie eine Mannschaft den Hebel umlegt und füreinander kämpft. Und eines ist ganz klar: Team Spirit ist essentiell, um bei einem Turnier wie diesem zu gewinnen.

Uli, Du warst in Deiner Vergangenheit zunächst Trainer für das Junior Team Germany, dann hast Du die Herrenmannschaft übernommen. In welchem Alter kommen die Spieler zu Euch bzw. ab wann habt Ihr sie auf dem Schirm?

Ich hab schon Spieler im Kader gehabt, die letztendlich schon sehr früh dabei waren. Teilweise ab dem Alter von 14 Jahren - da kommen sie mit unserer Arbeit in Berührung. Es gibt aber auch Ausnahmen, die sich quasi unentdeckt nebenher entwickeln. Gerade im Herrenbereich sehen wir das immer wieder mal. Zum Beispiel Anton Albers, der relativ spät in Erscheinung getreten ist. Anton hat sich dann gerade in den letzten Jahren in Amerika sehr gut entwickelt und ist jetzt bester Spieler in der deutschen Rangliste.

Lass uns ein paar grundsätzliche Fragen behandeln. Zum Beispiel diese hier: welche drei größten Veränderungen braucht es in der deutsche Golfsport-Landschaft, damit Deutschland zu einer echten Golfnation wird?

Okay, zu diesem Thema kann man wirklich sehr viel Zeit verbringen. Ich glaube, jeder von uns, der lange in diesem Sport unterwegs ist, hat eine Menge Ansätze dazu im Kopf. Wenn Du mich fragst: ich denke, zuerst benötigen wir eine Akzeptanz für den Leistungssport in der breiten Masse. Das beginnt bei der individuellen Wahrnehmung jeder Golferin und jedes Golfers: wie spielt die eigene Clubmannschaft in der DGL. Wie sieht der Kampf um die verschiedenen regionalen und nationalen Meisterschaften aus? Auch das Bewusstsein für Mannschaft- und Trainingsbudgets in den Clubs gehört dazu. Dann benötigen wir bessere Golfplätze. Damit meine ich Plätze, die sportlich herausfordernd sind und es sportiven Spielern ermöglichen, sich weiterzuentwickeln. Und als dritten Punkt sehe ich die Notwendigkeit für ein Schulsystem, das es erlaubt, dem Leistungssport nachzugehen. Immerhin, Sportschulen gibt es. Aber gerade ein Blick in die USA zeigt, wie großartig verzahnt Schule und Sport stattfinden können. Wenn wir den Erfolg wollen, können wir uns hier sicher ein Beispiel nehmen.

Wie hat sich das Training bzw. die Kaderentwicklung der Nationalmannschaft in den letzten Jahren verändert?

Nun, die Herrenmannschaft begleite ich seit vier Jahren - davor habe ich die Jugend gemacht. Was ich derzeit sehe, ist: alle gehen nach Amerika. Es ist schon beinahe wie eine Flucht - inzwischen gehen wirklich alle auf ein College. Im nächsten Jahr betrifft dies jeden einzelnen Spieler unserer Herren-Nationalmannschaft. Das ist auch nachvollziehbar, denn die Spieler wollen sich zum Einen in ihrem Sport weiterentwickeln und zum Anderen eine gute Ausbildung als Plan B in der Tasche haben. Denn nicht für jeden wird es zum erfolgreichen Tourspieler reichen. Aus deutscher Sicht gibt man als Trainer viel aus der Hand. Die Spieler sind einfach sehr weit weg. Sie haben in den College-Mannschaften einen eigenen Trainerstab und dieser hat wiederum eine eigene Agenda. Das kann gut gehen, muss aber nicht. 

Der frühere Bundestrainer Frank Adamowicz hat vor vielen Jahren mal gesagt: wenn wir die ganzjährige Spielpraxis gewährleisten wollen, sollten wir ein Haus in Florida kaufen…

Ja, in der Tat. Ein Haus in Florida wäre großartig und es gibt inzwischen auch gute Beispiele hierfür. Insgesamt muss man feststellen, dass das Funding eine entscheidende Rolle spielt. Denn Geld schafft Möglichkeiten und Qualität. Das geht Hand in Hand. Wichtig ist allerdings, dass diese Unterstützung mit einer gewissen Langfristigkeit gesichert ist und durch Sponsoren erfolgt. Dann werden die Mitglieder nicht zusätzlich belastet und es besteht auch keine Abhängigkeit.

Uli, eine letzte Frage: wenn Du an das Golf Team Germany denkst: was würdest Du Dir für die Zukunft am meisten wünschen?

Mein persönliches Ziel ist: ich möchte so viele Spieler wie möglich auf die Tour bringen. Und ich möchte, dass sie dort fest im Sattel sitzen. Ich möchte, dass wir im Profi-Zirkus eine deutlich größere Rolle spielen und die jüngere Vergangenheit zeigt auch: wir sind auf dem richtigen Weg. Um es in Zahlen zu fassen: mein Ziel sind 15 bis 20 deutsche Spieler auf der Tour. 

Uli, hab vielen Dank für Deine Zeit. Und viel Erfolg für die anstehende Mannschafts-Europameisterschaft!