Panorama

Was ein Wechsel ins Profilager wirklich bedeutet


11. Oktober 2024 , Thomas Kirmaier


Versicherungen, Steuerrecht, Reiseplanung, Sponsorensuche, Medientraining etc. - der Wechsel vom Amateur- ins Profilager heißt nicht nur, gutes Golf zu spielen.
Versicherungen, Steuerrecht, Reiseplanung, Sponsorensuche, Medientraining etc. - der Wechsel vom Amateur- ins Profilager heißt nicht nur, gutes Golf zu spielen.

Zahlreiche deutsche Top-Amateure haben es in dieser Saison wieder getan: Sie wechselten ins Profilager. Aber was genau steckt hinter diesem Satz, der immer wieder mehr beiläufig geschrieben wird?

Helen Briem und Jonas Baumgartner haben in der Saison 2024 einen großen Schritt in ihren Karrieren gemacht. Die beiden Athleten aus dem National Team Germany wechselten ins Profilager. Was das sportlich heißt, ist klar: Meist ab dem Tag, an dem die Mitgliedschaft in der PGA of Germany beginnt, ist man Berufsgolfer, verdient seine Brötchen und deckt seine Kosten aus Preisgeldern bei Turnieren überall auf der Welt. Aber Profis spielen nicht nur einfach Golf, sie müssen sich organisieren, strukturieren und zukunftsfähig aufstellen. Es stehen so einige weitere Herausforderungen an, als einfach nur Birdies zu sammeln.

„Wir erleben immer wieder, dass Jung-Profis keine bis wenig Ahnung davon haben, was es heißt, sich für eine Karriere als Golfprofi zu entscheiden“, sagt Peter Zäh. Er ist Geschäftsführer der Pro Golf Tour und managt die Zugangsserie für junge Profis, die es irgendwann auf die Challenge, DP World, PGA, Ladies European oder LPGA Tour schaffen wollen. Es ist ein Segen für deutsche und europäische Talente, dass es Möglichkeiten wie die Pro Golf Tour gibt. „Es ist eine Art Einstieg, aber auch wir sind sehr international unterwegs. Daher sollten sich Professionals, die unsere Turniere spielen wollen, frühzeitig informieren, organisieren, an Fristen halten und vor allem: selbstständig werden“, so Zäh. Da genüge es nicht, gutes Golf zu spielen.

Wie vielschichtig der Beruf des Playing Pros ist, weiß er sehr genau: Florian Fritsch war jahrelang als Tour-Spieler unterwegs, arbeitet heute als Coach (wechselte gerade in der Deutschen Golf Liga presented by All4Golf vom GC Mannheim-Viernheim zu den Herren des Stuttgarter GC Solitude), sowie Sky-Kommentator und gehört dem Präsidium der PGA of Germany an. „Was es heißt, Golfprofi zu sein, wird von einigen vor allem im frühen Stadium unterschätzt. Es kommt immer sehr auf das Umfeld an, wie sehr die Jungs und Mädels bei ihrem Wechsel unterstützt werden. Du bist aber irgendwann stark auf dich alleine gestellt, vor allem, wenn es zu den Tour-Events auf Reisen geht“, so Fritsch.

Zwei deutsche Nationalspieler, die dieses Jahr ins Profilager wechselten: Jonas Baumgartner und Helen Briem.
Zwei deutsche Nationalspieler, die dieses Jahr ins Profilager wechselten: Jonas Baumgartner und Helen Briem. | © DGV/Kirmaier, Mark Runnacles/LET


Genau aus diesem Grund, um dem Jung-Pro-Nachwuchs eine Art Checkliste an die Hand zu geben, erarbeite man bei der PGA of Germany derzeit einen Leitfaden, der im kommenden Jahr auch und vor allem online hilfreiche Tipps geben soll, was es beim Wechsel ins Profilager alles zu beachten gibt. Natürlich, so Fritsch, sei es von Einzelfall zu Einzelfall unterschiedlich und auch enorm vom Heimatclub abhängig. „Wenn du aus einem Club kommst, aus dem schon zahlreiche Professionals aufgestiegen sind, ist das sicher vorteilhafter“, so Fritsch. Dort werde es erste Anlaufstellen geben, bei denen man Informationen einholen kann. „Das können kleinere Clubs häufig kaum leisten.“

Denn: Es gibt so viele Formalitäten zu klären, wenn das Leben als Golfprofi beginnt: Das beginnt bei den Versicherungen. Leistungssportler brauchen eine optimale, auf sie zugeschnittene medizinische Versorgung, um überall auf der Welt schnell an Arzt-Termine zu kommen. Es geht um Reiseplanung, Sponsorensuche, Berufsunfähigkeit und Steuerrecht – und dabei nicht nur das deutsche, denn im Ausland gewonnene Prämien müssen nach den jeweiligen Regeln des Gastgeberlandes versteuert werden. Fritsch: „Gerade in der ersten Zeit als Profi ist es wichtig, sich als Marke zu etablieren. Da sind Partner und Unterstützer sehr willkommen, wenn die Preisgelder noch nicht so üppig fließen.“ Vor allem für junge Profis, die in den USA studiert haben, eröffne nicht nur der Markt in Europa, sondern auch in Amerika Möglichkeiten. Dazu Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Altersvorsorge, Verbandsmitgliedschaften – es gibt so viele Bereiche, die zum Profisport dazugehören.

Und dann wäre da noch eine durchdachte Turnierplanung. Für die Herren und Damen startet das im Normalfall auf den Satellite-Touren, für die man sich auch erst einmal qualifizieren muss. Dazu ergibt sich die eine oder andere Möglichkeit über Einladungen oder Tausch-Spots. „Wir haben aktuell 168 Playing Pros in Deutschland, von denen 20 Männer und zehn Frauen alleine von Preisgeldern und Sponsoring-Einnahmen leben können“, sagt Felix Lechner. Der Rest lebe vom Prinzip Hoffnung. Lechner ist Vorstand der Professional Golf AG und unterstreicht als solcher ebenso die vielschichtigen Herausforderungen, aber auch der Möglichkeiten, die sich durch eine Mitgliedschaft in der PGA of Germany ergeben. „Für jeden neuen Pro ist es in Bezug auf Vermarktung, Netzwerk, Order-of-Merit-Listung, Equipment-Benefits und Versicherungshilfen ratsam, die Vorteile einer PGA-Mitgliedschaft zu nutzen“, so Lechner.

Genau deshalb sei es dringend nötig, den bereits erwähnten Leitfaden zu erstellen und über diesen jungen Professionals eine Art Checkliste an die Hand zu geben, über die klar wird, was es wirklich bedeutet, als Profi-Golfer in der Welt unterwegs zu sein. Ein hart umkämpfter Markt, in dem es eben nicht nur die Rahms, McIlroys und Kordas gibt, sondern zum allergrößten Teil Golfer, die Woche für Woche Geld verdienen müssen, um ihre Kosten zu decken. Dieser Leitfaden sei kein Masterplan, weil jede Lebenssituation individuell ist. Aber eine Orientierung und ein Angebot, das man jederzeit nutzen kann, wenn mal wieder Fragen auftauchen beim viel zitierten Wechsel ins Profilager.