Regelfest
Kein astreiner Stand
11. September 2023 , Daniel Dillenburg
Dylan Frittelli befreit sich mit einem außergewöhnlichen Schlag aus einer kuriosen Situation. Das Regelwerk belohnt seine Kreativität jedoch nicht. Der Grund: Frittelli steht falsch zum Ball.
Golfer, die in Baumkronen klettern, um ihren Ball straflos weiterspielen zu können, hat man schon häufiger gesehen. Die bekanntesten Beispiele dürften hier Bernhard Langer bei der Benson & Hedges International Open 1981 oder Sergio Garcia beim Arnold Palmer Invitational 2013 sein.
Eine weitere denkwürdige Begegnung mit einem Baum machte Dylan Frittelli in der Finalrunde des RBC Heritage 2022. Auf der sechsten Bahn des Harbour Town Golf Links haute der Südafrikaner seinen Abschlag nach links raus. Dabei wurde sein Ball von einem herabhängenden Ast aufgehalten und auf kuriose Weise eingewickelt.
Par - oder nicht?
Letztlich hing Frittellis Ball also knapp über Augenhöhe. Zeit für ein kleines Experiment, dachte sich der PGA-Tour-Sieger, holte seinen Putter heraus und setzte zum vielleicht außergewöhnlichsten Schlag seiner Karriere an. Hinterm Ball stehend, offen in Richtung Spiellinie ausgerichtet, befreite sich Frittelli fast schon magisch aus dieser Situation und konnte seinen dritten Schlag vom Fairway spielen. Aus 132 Metern legte er seinen Ball drei Meter an die Fahne und kam letztlich mit einem Par davon - dachte er zumindest. Denn kurz darauf bekam Frittelli zwei Strafschläge wegen eines Regelvergehens aufgebrummt.
Bei seiner Rettungsaktion aus dem Ast hatte Frittelli nämlich gegen die Regel 10.1c verstoßen. Hier heißt es: „Ein Spieler darf beim Schlag nicht absichtlich mit den Füßen auf beiden Seiten der Spiellinie oder absichtlich mit einem Fuß auf der Spiellinie oder der Verlängerung dieser Linie hinter dem Ball stehen.“
Das Video zeigt, wie Frittelli schulterbreit hinter dem Ball steht und diesen nach vorne schubst. Hierbei befindet er sich mit den Füßen sowohl links als auch rechts von der (verlängerten) Spiellinie. Ein bitterer Regelverstoß, der aus dem „großartigsten Par“ seiner Karriere ein kurioses Doppel-Bogey werden ließ.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Der Fall zeigt ein wirklich unglückliches Versehen. Die Spiellinie ist nach den Golfregeln „Die Linie, auf der sich der Ball nach Absicht des Spielers nach dem Schlag bewegen soll, einschließlich eines angemessenen Bereichs auf dieser Linie oberhalb des Bodens und zu beiden Seiten der Linie.“
Liegt der Ball nicht auf dem Boden, übersieht man leicht die Tatsache, dass von der Stelle senkrecht unter dem Ball Richtung Loch dennoch diese imaginäre Linie existiert, und sich (wie oben im Text der Definition „Spiellinie“) auch noch senkrecht nach oben erstreckt.
Offensichtlich waren alle auf dem Video sichtbare Personen so fasziniert von dem ungewöhnlichen Schlag, dass niemand rechtzeitig auf den Fehler aufmerksam gemacht hat. Bis zum Schlag hätte der Spieler jederzeit straflos in eine regelkonforme Standposition wechseln können.
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